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„Gierflation“: Profitgier der Unternehmen?

Stand:
Im Supermarkt wird alles teurer, doch Schuld haben nicht allein die gestiegenen Produktions- und Rohstoffkosten der Hersteller. Das Profitstreben der Konzerne könnte die Nahrungsmittelpreise zusätzlich in die Höhe treiben.
Luftballon mit Preisaufschrift wird von einer Luftpumpe zum Platzen gebracht

Das Wichtigste in Kürze:

  • Gestiegene Kosten für Energie und Rohstoffe können die gestiegenen Preise für Lebensmittel und Co. nicht allein erklären.
  • Bei manchen Produkten liegt der Verdacht nahe, dass sich Unternehmen auf Kosten der Kund:innen bereichern.
  • Verbraucher:innen können nicht viel dagegen tun. Sie können höchstens mit dem Kauf vergleichbarer, aber günstigerer Produkte den Wettbewerb ankurbeln. Darüber hinaus ist die Politik gefragt.

 

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Was ist die „Gierflation“?

Ob die Tüte Chips im Supermarkt, die Bratwurst am Kirmesstand oder die Brezel in der Stadt. Die gestiegenen Lebensmittelpreise machen sich im Alltag überall bemerkbar. Doch sind diese Preissteigerungen überhaupt in allen Fällen gerechtfertigt? Immer wieder werden Unternehmen und Einzelhandel vorgeworfen, sich an den Verbraucher:innen zu bereichern. Immerhin rechnet die Bevölkerung aufgrund der Inflation seit dem Ukrainekrieg mit steigenden Lebensmittelpreisen – das macht es Lebensmittelkonzernen leicht, höhere Preise durchzusetzen. Der Vorwurf: Die Konzerne profitieren vom sogenannten Mitnahmeeffekt. Das heißt, sie geben nicht nur ihre Mehrkosten weiter, sondern erhöhen die Preise darüber hinaus. So erwirtschaften sie höhere Gewinne – auf Kosten der zahlungswilligen Kund:innen. Dieses Phänomen wird umgangssprachlich mit der Wortneuschöpfung „Gierflation“ beschrieben – die Profitgier der Unternehmen, gepaart mit einer Preisinflation. Doch was ist wirklich dran an diesem Vorwurf?

Nahrungsmittel haben sich besonders stark verteuert

Schaut man sich die Statistiken an, so fällt auf, dass die Teuerung bei den Lebensmittelpreisen im Juli und August 2023 weitaus höher ausfiel als die allgemeine Inflationsrate:

Inflationsrate August 2023

So haben sich die Preise im Vergleich zum Vorjahresmonat entwickelt, Quelle: Statistisches Bundesamt

  • Allgemein: +6,1 % (Juli 2023: +6,2%)
  • Nahrungsmittel: +9% (Juli 2023: +11%)
  • Energie: +8,3% (Juli +5,7%)

Bei der Teuerung der Lebensmittel fallen aktuell vor allem Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren stark ins Gewicht (+17,1 Prozent). Aber auch Brot und Getreideerzeugnisse legten merklich im Preis zu (+13,6 Prozent ebenso wie Gemüse (+12,4 Prozent sowie Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchte (+11,5 Prozent

Die Nahrungsmittelpreise sind in den vergangenen Monaten somit viel stärker angezogen als die durchschnittlichen Preise für Güter und Dienstleistungen – sie ziehen die allgemeine Inflationsrate sogar nach oben. In vielen Fällen setzen die Hersteller und Handelsketten diese Teuerungen durch die Hintertür durch: Statt die Preise direkt zu erhöhen, reduzieren sie die Füllmenge in den Verpackungen oder ersetzen Zutaten in der Rezeptur durch qualitativ minderwertigere Rohstoffe. Das macht die Preiserhöhungen für Verbraucher:innen oft undurchsichtig. Das legt den Verdacht nahe, dass die Lebensmittelkonzerne und der Einzelhandel diese Situation ausnutzen – und sich auf Kosten der Verbraucher:innen bereichern.

 

Wettbewerb belebt das Geschäft

Unternehmen können die Preise natürlich nur so weit erhöhen, wie Verbraucher:innen diese akzeptieren, ohne bestimmte Marken und Produkte zu boykottieren. Hier haben die Händler derzeit einen Vorteil: Nach Pandemie, Lieferengpässen, Kriegsbeginn in der Ukraine und Energiekrise akzeptieren Kund:innen die Preissteigerungen bislang überwiegend. Darum ist es wichtig, Lebensmittelpreise im Supermarkt zu vergleichen und bei vergleichbarer Qualität das günstigere Produkt auszuwählen.

Hintergrundwissen: Darum steigen die Lebensmittelpreise

Die steigenden Lebensmittelpreise sind natürlich nicht automatisch das Ergebnis der Profitgier von Unternehmen. Es steckt eine Reihe von Gründen dahinter, dass Nahrungsmittel in den vergangenen Monaten teurer geworden sind:

  • Gestiegene Produktionskosten: Die Energiekrise hat auch die Produktion von Lebensmitteln verteuert.
  • Gestiegene Rohstoffkosten: Die Erzeugerpreise bei landwirtschaftlichen Produkten sind Anfang 2023 deutlich gestiegen. Schuld waren die kriegsbedingt gestiegenen Preise für Düngemittel und Lieferengpässe für Getreide, Raps und Sonnenblumen aus der Ukraine. Allerdings fallen die Erzeugerpreise aktuell wieder, zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamts.
  • Gestiegene Lieferkosten: Die Frachtraten für Containerschiffe sind seit der Corona-Pandemie zeitweilig explodiert. Das hat Lebensmittelimporte verteuert. Inzwischen sind die Frachtkosten aber wieder stark gefallen.
  • Verzögerte Weitergabe Kostensteigerungen: Viele Unternehmen geben gestiegene Produktionskosten nur mit Verzögerung an die Verbraucher:innen weiter. Dieser Effekt zeigte sich im Zuge der Energiekrise: Viele Unternehmen gaben die Mehrkosten aus dem Winter 2022 erst im Frühjahr 2023 weiter.
  • Gestiegener Mindestlohn: Der Mindestlohn ist zwischen Januar und Oktober 2022 von 9,82 Euro auf 12 Euro angehoben worden.

Verzögerte Weitergabe Kostensteigerungen: Viele Unternehmen geben gestiegene Produktionskosten nur mit Verzögerung an die Verbraucher:innen weiter. Dieser Effekt zeigte sich im Zuge der Energiekrise: Viele Unternehmen gaben die Mehrkosten aus dem Winter 2022 erst im Frühjahr 2023 weiter.

Gestiegener Mindestlohn: Der Mindestlohn ist zwischen Januar und Oktober 2022 von 9,82 Euro auf 12 Euro angehoben worden.

Mangelnde Transparenz

Wie die Lebensmittelpreise tatsächlich zustande kommen und ob sich die Unternehmen an den Preiserhöhungen bereichern, lässt sich von außen schwer beurteilen. Einzelhandelsketten wie Aldi, Rewe oder Edeka müssen ihre Unternehmenszahlen nämlich nicht offenlegen. Darum lässt sich auch nicht abschließend sagen, welche Unternehmen sich bei welchen Lebensmitteln zu Lasten der Verbraucher:innen bereichern.

Dennoch sind manche Preissteigerungen von Lebensmitteln nicht durch Kostensteigerungen zu rechtfertigen. Zwar sind die Energiepreise wieder gestiegen, doch das macht das Ausmaß der Teuerung vieler Lebensmittel immer noch nicht nachvollziehbar. Zumindest in Einzelfällen dürfte es Mitnahmeeffekte geben.

Auch erste wissenschaftliche Studien – etwa vom Ifo-Institut, vom Kreditversicherer Allianz Trade oder von der University of Massachusetts – weisen bereits darauf hin, dass bestimmte Branchen ihre Preise zu stark erhöht haben – darunter der Handel.  

Welche Rolle spielen Supermärkte?

In den vergangenen Monaten stellten sich Supermarktketten immer wieder als Kämpfer im Sinne der Verbraucher:innen dar und nahmen Lebensmittel bestimmter Marken medienwirksam aus dem Sortiment, wenn sie Preiserhöhungen als überteuert eingestuft haben. Gleichzeitig geben etwa Rewe und Edeka an, ihren Umsatz mit den Eigenmarken-Waren „Ja“ sowie „Gut und Günstig“ erhöht zu haben. Die Krise ist für die Händler somit auch eine Chance, ihre Eigenmarken nach vorne zu bringen. Unter den No-Name-Produkten

verschiedener Supermarktketten gab es im Übrigen in den vergangenen Monaten auch immer wieder Preiserhöhungen, teilweise durch neue Füllmengen kaschiert. Die Eigenmarken sind in den zurückliegenden Monaten tendenziell sogar stärker im Preis gestiegen als die Markenprodukte.

Ein Trick, der Verbraucher:innen trotzdem glauben lässt, ein Anbieter sei besonders günstig, ist,  die Preise von Grundnahrungsmitteln zu senken. So hat Aldi beispielsweise die Butterpreise seit Februar 2023 mehrfach reduziert, die Wettbewerber zogen nach. Gerade Butterpreise haben Verbraucher:innen oft im Kopf – auf diese Art stellen Händler sicher, dass sie als günstig wahrgenommen werden. 

Ob Markenware oder No-Name-Produkt: Solange sich die Konzerne sicher sein können, dass die Konkurrenz die Preise ebenfalls erhöht, haben Verbraucher:innen keine andere Wahl als die steigenden Preise hinzunehmen. Und in der Krisenlage war zuletzt allen Konzernen klar, dass die Konkurrenz ebenfalls ihre gestiegenen Kosten an die Verbraucher:innen weitergeben wird. Sie sind dem ausgesetzt, auch dann, wenn die Preissteigerungen womöglich überzogen sein könnten. Die Verbraucherzentralen fordern daher die Politik und die Kartellbehörden auf, Preissteigerungen genauer zu untersuchen. Sie sollen überprüfen, ob Handel und Hersteller die Lage nutzen, um die eigenen Erträge zu verbessern.

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