Verbraucherzentrale Sachsen verleiht Negativpreis aufgrund der Abzocke älterer Menschen
Die MGN GmbH aus Dresden erhält den Prellbock 2015 der Verbraucherzentrale Sachsen. Die Firma zockt insbesondere ältere Menschen in vielen Teilen von Sachsen durch eine schamlose Kaltakquise am Telefon ab und verstößt damit gegen eine Vielzahl von Verbraucherschutzvorschriften. Dabei ist fraglich, welchen gesundheitlichen Nutzen die angepriesenen Nahrungsergänzungsmittel "Gesund + Fit Vitalkapseln" haben. Immerhin bestehen die vermeintlichen Wunderpillen unter anderem aus Grünem Tee und Algen. "Hier wird mit elementaren Kernthemen wie Leben und Gesundheit auf fragewürdige Weise Geld gemacht", fasst Andrea Heyer, Geschäftsführerin der Verbraucherzentrale Sachsen, die eindeutige Juryentscheidung zusammen.
Dabei beginnt alles mit einem vermeintlichen Informationsgespräch und einer Umfrage zur Gesundheit am Telefon. Daraufhin lassen sich viele Angerufene von einer netten Stimme am Telefon zu einer Bestellung von "Gesund + Fit Vitalkapseln" überreden. "Die Abzocker gehen rhetorisch sehr versiert und suggestiv vor, sodass sich viele Betroffene im Nachgang gar nicht bewusst sind, ein Abo abgeschlossen zu haben", erklärt Heyer. Kurz darauf erhalten sie dann jedoch ein Gratulationsschreiben, das sie herzlich zu einer "Kur" mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten begrüßt mit einem monatlichen Abo-Preis von beispielsweise 49,95 Euro. Auf die Laufzeit gerechnet kommen dabei 1.198,80 Euro zusammen.
"Nun beginnt für viele der Alptraum", weiß Heyer aus den Verbraucherzuschriften. Es folgen monatliche Zusendungen der Kapseln, Kontoabbuchungen des "Kurbeitrags", sowie Inkassoschreiben mit hohen Mahn- und Rücklastschriftentgelten, wenn die Geprellten die Buchungen zurückgehen lassen. "Ein Widerruf wurde in den uns bekannten Fällen nicht akzeptiert", so Heyer.
Zur heutigen öffentlichen Preisverleihung in Dresden war ein eingeladener Vertreter der MGN GmbH nicht anwesend. Auch auf dem Firmengelände in der Iglauer Straße 1 in Dresden konnten die Verbraucherschützer den Preis nicht an den Gewinner übergeben. "Die Trophäe werden wir jetzt wohl vorerst behalten müssen. Was jedoch sicher auf dem Tisch der Geschäftsführer landet, ist die Klage, die wir heute noch raus schicken", macht Heyer Ernst. "Es geht darum, Missstände zu beseitigen und das fängt in erster Linie damit an, dass man sie nicht totschweigt, sondern dagegen vorgeht."
Dass das im Fall von MGN dringend notwendig ist, zeigen auch die Beratungszahlen der Verbraucherzentrale Sachsen. Allein im Jahr 2015 wurden diesbezüglich über 170 Verbraucher beraten. Und auch seit Beginn des Jahres ebben die Beschwerden und Anfragen zur MGN GmbH bei den Verbraucherschützern nicht ab.
Den zweiten Platz der Prellbock-Abstimmung belegt die Unister Gruppe unter anderem aufgrund nicht oder nur verzögert ausgezahlter Gutscheine. Platz drei nimmt die Tele Columbus AG aufgrund von unzulässigen Tarifänderungen im laufenden Vertrag und anderen Vorwürfen ein.
Wer den Negativpreis erhalten sollte, konnten geprellte Verbraucher von September bis Dezember 2015 vorschlagen. Insgesamt wurden 263 Stimmen abgegeben. Eine unabhängige Fachjury hat im Anschluss aus den Vorschlägen den Preisträger ermittelt. Die Fachjury war mit Vertretern aus Ratgebermedien und des Landeskriminalamts besetzt.
Es ist das zweite Mal, dass der Prellbock von der Verbraucherzentrale Sachsen vergeben wird. Für das Jahr 2013 ging er an den Abofallenbetreiber B2B Technologies GmbH aus Chemnitz. Das Resultat: Laut dem rechtskräftigen Urteil des Landgericht Leipzig (Aktenzeichen: 05 O 3496/14) müssen die Firma und ihr alleiniger Geschäftsführer David Jähn die beanstandeten Verhaltensweisen unterlassen.
Der Negativpreis der Verbraucherzentrale Sachsen wird aller zwei Jahre vergeben.